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Sputnik und NASA haben ihren
Ursprung zwischen Ostsee und Thüringer Wald, 66 Jahre Start der ersten Rakete
in den Weltraum, 51. Jahre Sputnik-Start, 50 Jahre NASA
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Gleich
vier große Jubiläen fallen in den Zeitraum der vergangenen 12 Monate. 50. Jahre
Sputnik, 50 Jahre Hündin Laika, 50
Jahre erster US-Satellit „Explorer One“ und 50 Jahre NASA. Vor 66 Jahren flog
die erste Rakete in den Weltraum und heute ist die Raumstation ISS bereits seit
10 Jahren im Orbit. Man blickt in eine gemeinsame Zukunft auf dem Mond und Mars
und lädt andere Nationen zur Forschung und Entwicklung ein. Erst jetzt erkennt
man auch, wer für diese großen Ereignisse damals eine Schlüsselfigur war. Sein
Name ist weitestgehend unbekannt geblieben. Der Erbauer des Sputniks heißt Sergej
Koroljow und nicht einmal seine Familie wusste dies. Vor 3 Wochen suchte seine
Tochter nach 62 Jahren in Deutschland nach den Spuren der Anfänge und fand
Antworten.
von Ralf
Heckel
Die
Raumfahrt ist aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Man kann es drehen und
wenden wie man will. Sie steckt in jedem Handy, jeder Email, jedem Gespräch
über das Wetter, jeder TV-Sendung und sogar unserer täglichen Versorgung mit
Lebensmitteln. Sie ist zum Wächter über unser Klima geworden und zum Notarzt
für Katastrophenfälle. Schaltet man sie ab, ist unser Leben nicht mehr
steuerbar. Sie ist zu einem Teil und zu unserer Kultur geworden – und
vielleicht sogar zum Schlüssel unserer künftigen Evolution. Niemandem war dies
zu Beginn bewusst und doch sind es nur zur Gestalt gewordene Urträume der
Menschheit verbunden mit dem Fleiß von Wissenschaftlern und Handwerkern.
Über 1000
ehrenamtliche Arbeitsstunden stecken in der Vorbereitung als am 13. September
diesen Jahres fünf hochrangige russische Raumfahrtwissenschaftler aus Moskau in
Berlin landen. Zwei Drittel der mit 7.500 Euro angesetzten Reisekosten müssen
mühsam bei privaten Sponsoren zusammengetragen werden. Mehr war nicht drin. Zu
ungenau sind die Angaben der Geschichtsbücher über das was nun folgen soll.
Beherzte Bürger und Vereine treten bei und ermöglichen diese VIP-Fahrt. Es
steigen zwei besondere Gäste aus, die Tochter und die Enkelin des
„Sputnik-Vaters Koroljow“. Für die 35 jährige Enkelin Maria ist es der erste
Deutschland-Besuch, für die heute 72 jährige Tochter, Prof. Dr. med. Natalia
Koroljowa, ist es der zweite Besuch bei Berlin. Zum letzten Mal erreichte sie
mit anderen Familienmitgliedern russischer Raketeningenieure in einem
sowjetischen Zug die zerstörte Hauptstadt gegen Ende Mai 1946. Sie war 11 Jahre
alt und ihr Vater holte sie ab. Es waren Sommerferien und diese wurden zur
„schönsten Zeit meiner Kindheit“.
„Mein
Vater hatte irgendetwas mit Raketen zu tun und deshalb bereisten wir das ganze
Land von der Ostsee bis in den Harz. Er zeigte mir schöne Strände, schicke
Hotels und manchmal auch geheimnisvolle Orte.“ Mehr wusste sie bis zu seinem
Tode auch nicht. Erst als Sergej Pawlowitsch Koroljow im Januar 1966 an einem
tragischen Fehler auf dem Operationstisch starb, las sie die wahre Funktion
ihres Vaters in der Zeitung: „Er war bei uns so etwas wie Wernher von Braun in
der USA, also der Chefkonstrukteur des gesamten sowjetischen
Raumfahrtprogrammes. Dies begann weit vor Sputnik, Laika, Gagarin, bis zu den
heute noch fliegenden Sojus-Raumschiffen. Er schickte 22 Menschen in das All,
brachte sie gesund zur Erde, fotografierte als erster die Rückseite des Mondes,
landete mit der ersten Sonde auf ihm und plante sogar den bemannten Flug zum
Mars.
Seitdem beschäftigt
sich die Medizinerin mit der Aufarbeitung seines Lebens. In ihrem 1000-seitigem
Buch „Vater“ (erscheint demnächst bei www.edverlag.de)
hat sie alles zusammengetragen. Nur die Arbeit im Nachkriegsdeutschland ist
noch lückenhaft. Deshalb werden alle Arbeitsstätten besucht, an denen ihr Vater
war und gewesen sein könnte. Darunter sind Bleicherode, Nordhausen, der
Kyffhäuser, Leipzig, Kummersdorf, Berlin und Peenemünde. Mit ein paar alten
Fotos in der Hand und nur noch ihren Erinnerungen als junges Mädchen und
einzige Überlebende aus dieser kleinen Gruppe ging man auf Spurensuche.
Das
Ergebnis übertrifft alle Erwartungen. Tatsächlich wurden fast alle Lücken in
der Geschichte der Entwicklung des Sputniks geschlossen und dessen Fundamente
gehen bis auf Deutschland zurück. So fand man das Wohnhaus in Bleicherode
wieder. Die überraschten heutigen Bewohner holten sofort Brot und Salz zum
Empfang des prominenten Vormieters. Auch das Arbeitszimmer im ehemaligen Institut
Rabe (Raketenbau- und Entwicklung, 1945-47) identifizierte man an der Bürotür.
Der Raum des ehemaligen Offizierscasinos des „Rates der Chefkonstrukteure“ in
der Villa Franke ist renoviert worden und hat sich kaum verändert.
Am
Kyffhäuser-Denkmal sah man wie statisch Steine im Lauf einer gesellschaftlichen
Entwicklung sind. Hier wandelte die Elite der russischen Raumfahrt an sonnigen
Wochenenden über die Terrassen und saß siegesbewusst auf der Barbarossa-Figur.
Man brauchte nur den Fotoapparat wieder an die selbe Stelle zu stellen. Erst
seit diesem Besuch am 15. September wissen die russischen Gäste, dass der
„Barbarossa-Plan“ vom Angriff der Wehrmacht auf die Sowjetunion nichts gemein
hat mit der Barbarossa-Sage. Diese entsprang dem Traum Barbarossas von einer
Einheit Deutschlands im 12. Jahrhundert. Kaiser Wilhelm I. galt im 19.
Jahrhundert als der erste deutsche Keiser als jener, der diesen Traum erfüllte,
also setzte man dem neuen Kaiser und dem alten Barbarossa an dieser Stelle ein
Denkmal. Solche Kaiser-Wilhelm-Denkmäler wurden zur Zementierung der Einheit
des Landes an über über 300 Stellen gebaut, so auch am Deutschen Eck oder in
Porta Westfalica. Die Nazi-Propaganda missbrauchte den Gedanken der Einheit des
Landes im Feldzug gegen den Osten. Letztlich ist es heute dem russischen
Kulturoffizier Nordhausens in der Nachkriegszeit zu verdanken, dass das
Barbarossa-Denkmal nicht einer einem erneuten Bildersturm zum Opfer fiel.
Von
Leipzig war durch Erzählungen russischer Ingenieure überliefert, dass man hier
eine Vielzahl von Maschinenbaufirmen fand, die Teile für die Anfänge der
sowjetischen Raketenforschungen herstellen konnten. Nach Recherchen ergab sich,
dass drei führende NASA-Wissenschaftler der Messestadt entsprangen. Einer,
Eberhard Rees, wurde sogar Direktor im Marshall Spaceflight Center in
Huntsville/Alabama. Das war Grund genug für Koroljow, Aufträge nach Leipzig zu
vergeben, denn sein Stiefvater Grigori Balanin (die Ehe Koroljow wurde früh
geschieden) verlegte hier eigene Übersetzungen und Bücher. Balanin absolvierte
1909 im nur 100 km entfernten Mittweida seinen Ingenieur in Elektrotechnik und
begeisterte den kleinen Sergej von der Fliegerei. Die übrige Familie Koroljow
blieb bis heute durchgehend der Medizin treu.
In
Kummersdorf identifizierte Frau Prof. Dr. Koroljowa an dem seit dem Kriege
zerstörten Prüfstand Nummer 2: „Dieser Prüfstand ist der Vorfahre der heutigen
Space Shuttle-Startplätze am Cape Canaveral und hier war auch mein Vater.“ Sie
weiß es, denn im Februar 2008 war sie VIP-Gast der NASA zum Shuttlestart. Dort
beendete man im Sommer die Reparaturen an der Feuergrube zur Ableitung der
heißen Gase. In Kummersdorf wurde solch eine Grube durch den Verein zur
Überraschung aller gerade freigelegt. Es sind die selben Formen und der selbe
Aufbau mit Scharmottsteinen als Hitzeschutzkacheln – nur kleiner. Während man
in Kummersdorf am Prüfstand 2 vor über 70 Jahren Triebwerke mit einem Schub von
300 kg testete, so sind die Startplätze des Space Shuttles für über 3.500
Tonnen Schub, also das über 10.000-fache ausgelegt.
In
Peenemünde waren es nur eine vergessene Mauer und zwei rostige Schrauben im
Gras, dennoch lieferten diese den eindeutigen Hinweis: „Hier stand der
Sputnik-Konstrukteur und fotografierte seine Tochter“. Die über 62 Jahre auseinanderliegenden
Bilder passen haargenau übereinander. Volkmar Schmidt, der Vorsitzende des
Peenemünder Fördervereins, spitzte die Ohren als Frau Koroljowa von dem dort
bekannten sowjetischen Häftling Dewjatajew erzählte. Dieser flüchtete 1944 mit
neun weiteren Leidensgenossen in einem
deutschen Flugzeug vom Flugplatz Peenemünde. Er wurde später „Held der
Sowjetunion“. Ihm widmete man in Peenemünde einen Gedenkstein.
„Mein
Vater war in den 30er Jahren Flugzeugkonstrukteur und entwarf das erste
raketengetriebene Flugzeug der Welt. Dann kamen die Säuberungswellen Stalins
und er ins Gefängnis. Er hatte eine besondere Beziehung zu allen Piloten und
besonders den Testpiloten. Denn sie waren es, die seine Freilassung aus dem
Gulag (Zwangsarbeitslager in Sibirien) vor dem Kriegsende bewirkten. Das
rettete ihm das Leben. Deshalb setzte er sich auch für die Verleihung der
höchsten Auszeichnung an Dewjatajew ein. Ich kannte ihn, so wie ich auch den
Testpiloten und Kosmonaut Gagarin kannte. Nur wusste ich nichts über sein
wahres Verhältnis zu meinem Vater.“ Für die Mitarbeiter des
Historisch-Technischen Informationszentrums in Peenemünde war das neu.
Nach nur
neun Tagen blickt man auf 33 Veranstaltungen und 6 Vorlesungen zurück. Vieles
davon wird im Buchkapiteln geformt Lücken in der Geschichtsschreibung füllen.
2.300 km weit ist man durch das Land gefahren. Kindergartenkinder, Schüler,
Studenten, Historiker und Fachleute erfuhren auf eine einmalige Weise vom Vater
der den Sputnik baute und Menschen in das All schoss. Die erste Probeauflage
ihres Buches war danach komplett ausverkauft.
Frau
Prof. Dr. Koroljowa hebt am 21. September in Berlin das Glas zum letzten
Abendbrot und sagt: „Unsere Länder haben um die Erforschung des Alls einen
gemeinsamen Ursprung. Ich war das letzte Mal hier, danke für alles und möchte
damit Platz für folgende Generationen freimachen. Lebt die Visionen meines
Vaters weiter und nennt dabei auch seinen Namen.“
Danach
schiebt der mitreisende Professor Demin ein Papier herüber auf welchem steht:
„Konstruktionsauftrag eines Rovers zur Vorbereitung des bemannten Aufenthaltes
auf dem Mars“. Seine Kollegen neben ihm sind die heutigen VIP´s der russischen
Raumfahrt. Herr Prof. Demin ist Biomediziner und Leiter des „Mars 500
Projektes“ mit dem Ziel der Grundlagenschaffung für den bemannten Marsflug im
Jahre 2030. Es ist jene Zeit, in welcher ein heutiger Abiturient in der Blüte
seines Arbeitslebens steht. „Und damit muss man jetzt beginnen.“ sagt der
Professor und zitiert damit auch die NASA. Vielleicht werden auch diese Bilder
in 60 Jahren in die Geschichte eingehen?
Buchtipp:
Chefkonstrukteur
Koroljow in Deutschland
www.edverlag.de , ISBN: 978-3-940541-11-6
Info:
Das German
Space Education Institute in Leipzig war Gastgeber dieser Delegation und
ist ein gemeinnütziger Verein zur Förderung von Ingenieurberufen für die
Raumfahrt. Über 60 international anerkannte und prominente Fachspezialisten
arbeiten dieser einzigen europäischen Initiative dieser Art zu und ermöglichen
deutschen Gymnasiasten und Studenten Exkursionen und Praktikas am Fuße der
Raumfahrt. Dies reicht vom Ganztagsangebot für 8-klässler über internationale
Leistungswettbewerbe, Abiturprüfungsförderungen, Austauschprogrammen und
Frühforschungsaufträge für begabte Schüler und Studenten. Teilnehmer mit
ausgezeichneten Abschlüssen des Vereines in Leipzig (Ferienschule,
Workshops/Exkursionen an Wochenenden und in den Ferien) werden als Teilnehmer
zur „Kosmos-Olympiade“ nach Moskau oder zum „NASA-Moonbuggy-Race“ nach
Huntsville/Alabama delegiert. Zwei Studenten der TU-Dresden machten während
dieser neun Tage ihr Praktikum. Ein Gymnasiast bereitete sich damit auf die
Abiturprüfung vor. Kein Schüler oder Student mit einem wohlverdienten Abschluss
aus den Projekten des German Space Education Institutes hat Probleme bei der
Suche nach Ferienjobs, Immatrikulation der gewünschten Studienrichtung,
Aufnahme in besondere Studiengänge oder bei der Arbeitssuche.
Das nächste
Projekt beauftragt alle interessierten Schüler, Studenten, Schulen,
Universitäten und fördernden Unternehmen mit dem gemeinsamen Bau eines
Testmobiles für die Vorbereitung des bemannten Fluges zum Mars. Die
Bildungspartner sind das „Institut für Biomedizinische Forschung“ in Moskau und
das „Center for Technology“ in Huntsville. Ob auch das Bundesministerium für
Bildung und Forschung sowie der Bundesverband der Deutschen Luft- und
Raumfahrtindustrie eine Patenschaft übernehmen, steht noch nicht fest. Es wäre
wünschenswert weil es Berufsziele setzt. Fest steht nur, dass die heute bereits
involvierten deutschen Raumfahrtschüler und Maschinenbaustudenten die
Herausforderung annehmen und das Fahrzeug bauen.
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